Riss in der Wand, Riss in der Bevölkerung

Europas größtes Gasfeld lässt die Erde beben. Erste Bohrlöcher sollten im Oktober geschlossen werden. Nun entfacht der Ukraine-Krieg die Debatte in den Niederlanden neu.

Fotos: Martin Steger

René Wubs ist hin- und hergerissen. Links, rechts, überall gibt es etwas zu zeigen. „Das ist von mir“, sagt er, zeigt auf einen Klinkerbau: Hinterhaus abgerissen, Vorderhaus modernisiert, „emotionales Projekt“. Ein paar Schritte weiter: „Auch ein Haus von uns.“ Der Holzrahmen steht, die Dämmfolie glänzt, davor ein paar Backsteinreihen. Dann ein Eckhaus, große Fenster, drinnen abgewetzte Holztische, ein Tresen. „Sieht noch gut aus, oder?“, sagt Wubs. „Ist aber einsturzgefährdet.“

René Wubs arbeitet als Architekt in Loppersum, einer Kleinstadt 20 Kilometer nordöstlich von Groningen in den Niederlanden. Viel plattes Land gibt es hier, Ziegelsteinhäuser, Kühe, Kanäle, die in Richtung Ems führen. Und das größte Erdgasfeld Europas.

Als es 1959 entdeckt wurde, enthielt es 2,8 Billionen Kubikmeter Erdgas. Das ist in etwa so viel, wie Deutschland in 30 Jahren verbraucht. Die Fördergesellschaft Nederlandse Aardolie Maatschappij (NAM), ein Joint Venture von Shell und ExxonMobil, förderte das Erdgas fortan mithilfe von Bohrlöchern, aus denen das Gas entweichen konnte – kein Fracking also. Jahrzehnte versorgte es heimische Haushalte und Industrie, aber auch die hinter der Grenze: Die Niederlande waren nach Russland und Norwegen stets Deutschlands wichtigster Erdgaslieferant.

Noch immer steckt etwa der Jahresverbrauch der Europäischen Union im Groninger Feld. Trotzdem sollte die Förderung dieses Jahr heruntergefahren werden und nächstes Jahr auslaufen. Der Grund: Erdbeben. Immer häufiger bewegte sich in den letzten 20 Jahren die Erde. Viele Menschen hier fieberten deshalb lange auf das Ende der Förderung hin.

Doch nun kommt alles anders: Um flexibel auf eine eventuelle Gasknappheit reagieren zu können, hat die niederländische Regierung entschieden, zwar wie geplant im Oktober in den Reservemodus zu gehen, jedoch noch nicht die Bohrlöcher zu schließen. Das hat die Diskussion um die Erdgasförderung in den Niederlanden neu entfacht.

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