Zähneknirschen: Mein Kiefer, ein Schraubstock

Das Ding ist ein Teil von mir geworden. Ein Negativabbild meiner Zahnleisten im Oberkiefer, zwei Millimeter dick, durchsichtig, abgewetzt – eine Knirschschiene. Vor Jahren hat sie mir ein Zahnarzt gegen mein Zähneknirschen verschrieben. Seitdem trage ich sie jede Nacht. Wenn ich sie vor dem Schlafengehen einsetze, komme ich mir vor wie ein Greis, der sein Gebiss herausnimmt. Nur dass ich meines anlege. Und dass ich erst 30 bin. Der Erotikfaktor der Knirschschiene ist eher gering – aber zum Glück hat meine Partnerin auch eine. Sie klappert, ich knirsche. Manchmal stecken wir die Dinger synchron in den Mund: Team Beißschiene.

Als ich mir eines Morgens gerade mal wieder das vollgesabberte Stück Acrylglas aus meiner Mundhöhle fingere, beschließe ich: Etwas muss sich ändern. Die Beißschiene kann doch nicht die einzige Antwort auf mein Knirschen sein. Ich will wissen, warum ich überhaupt knirsche. Ob ich das wieder abstellen kann. Und warum wir eigentlich so viele sind!

Denn wir sind Millionen: Etwa die Hälfte der Deutschen knirscht irgendwann im Leben, schätzt die Bundeszahnärztekammer. 1,6 Millionen Aufbissschienen wurden laut der Krankenkasse Barmer allein im Jahr 2016 verschrieben, eine Steigerung um 16 Prozent gegenüber 2012. Auch immer mehr meiner Freunde, alle zwischen 25 und 35 Jahren, tragen nachts eine Schiene. Eine Armee knirscht und mahlt sich nächtens durch dieses Land! Kann ich desertieren?

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Beitragsbild: Philotheus Nisch für DIE ZEIT